Thesen und Zielvorstellungen des BTB zur Verkehrspolitik

Ein leistungsfähiges Verkehrswesen ist Grundlage unserer Strukturpolitik und der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Vorrangiges Ziel der Verkehrsplanung muss sein, die Lebensqualität für die Bürger in unserem Land und ihre Umwelt zu erhalten, zu sichern und - wenn möglich - zu verbessern. Die aktuellen und längerfristigen Probleme der Verkehrs-, Struktur- , Wirtschafts-, Arbeitsmarkt-, Gesellschafts-, und Umweltpolitik sind komplexer Natur und können in letzter Konsequenz nicht isoliert betrachtet werden. Sie sind nur im Rahmen eines ausgewogenen verkehrspolitischen Gesamtkonzepts lösbar. Die Wiedervereinigung Deutschlands ist gerade für die Verkehrspolitik eine große Herausforderung.

Folgende Maßnahmen sind dringend notwendig:

  • Die verschiedenen Verkehrszweige (Straße, Schiene, Wasser, Luft) müssen sich partnerschaftlich ergänzen. Sie sollten ihren spezifischen Eigenarten entsprechend zum Nutzen aller unter Berücksichtigung der ökonomischen, ökologischen und humanitären Einsatzgrenzen möglichst optimal zur Wirkung kommen. Den Ost-West-Verbindungen ist eine besondere Bedeutung zuzumessen.
  • Der Verkehrsverbund ist zu fördern. Der Übergang von einem Verkehrssystem zum andern, insbesondere von der Straße zur Schiene, muß durch Anlage geeigneter Parkplätze und mit anderen verkehrstechnischen Mitteln verbessert werden.
  • Das Leistungsangebot der Deutschen Bundesbahn AG ist den strukturellen und wirtschaftlichen Notwendigkeiten entsprechend auszubauen. Es muß insbesondere sichergestellt werden, daß der Massengüterverkehr wieder von der Straße weg zur Schiene verlagert wird. Die derzeitigen Wettbewerbsverzerrungen, denen die Deutsche Bahn AG ausgesetzt ist, müssen beseitigt werden.
  • Der öffentliche Personennahverkehr ist besonders in den Ballungsräumen zu fördern.
  • Daneben muß das für den Individualverkehr das unverzichtbare Verkehrssystem "Straße" unterhalten und modernisiert werden. Straßenneubauten sollten vorrangig zur Ortsumgehung, zur Verkehrsberuhigung in eng bebauten Ortschaften, zur Verbesserung der Verkehrssichereit, zur großräumigen Erschließung von Ballungszentren, und dort erfolgen, wo die Verkehrsdichte dies erfordert.
  • Das öffentliche Straßennetz ist bundesweit durch ein Radwegenetz parallel zu bestehenden oder neu zu bauenden Bundes- , Landes- , Kreis- und Ortsstraßen oder über vorhandene Wirtschafts- oder Forstwege zu ergänzen.
  • Das Wasserstraßennetz sollte zu einem europäischen Verbundsystem bei Güteabwägung mit anderen Verkehrssystemen weiterentwickelt werden. Auch hierbei dürfen ökologische Interessen nicht vernachlässigt werden.
  • Der Luftverkehr sollte vorwiegend internationalen und globalen Verbindungen dienen. Zur Vermeidung von Fehlinvestitionen und Überkapazitäten ist ein besserer Verkehrsverbund inbesondere mit dem Schienen-Schnellverkehr dringend geboten.
  • Bei allen Verkehrswegeplanungen und verkehrspolitischen Maßnahmen müssen die Interessen des Umweltschutzes unter Einschaltung der zuständigen Fachbehörden (Landschaftsbehörden, Ämter für Umweltschutz und Ökologie usw.) Berücksichtigung finden (Umweltverträglichkeits-Atteste, wissenschaftlich begründete ökologische Ausgleichsmaßnahmen für die Eingriffe in die Natur).

Stärkere Beachtung finden sollten :

  • Bei Trassenführungen von Neubaustrecken bei Bahn und Straße müssen ökologisch empfindsame Gebiete geschont werden. Die Einhaltung einer größeren Distanz zwischen Straßenneubaustrecken und bebauten bzw. zur Bebaung vorgesehenen Flächen ist im Interesse der Bürger und zur Vermeidung umfangreicher Lärmschutzmaßnahmen durch Beton - und Stahlgerüste dringend geboten.
  • In vielen Fällen können Bodenordnungsmaßnahmen (z.B. Flurbereinigungen oder Baulandumlegungen) durchgeführt werden, um die notwendige Landbereitstellung zu sichern, unvermeidbare Zerschneidungen von Grundstücken, Eingriffe in die Natur oder in die Bausubstanz, sowie wirtschaftliche Schäden der unmittelbar Betroffenen nicht nur weitestgehend auszugleichen, sondern parallel zur Liniearplanung der Verkehrswege eine damit synchronisierte sinnvolle Flächenplanung für den ländlichen oder städtischen Raum anzubieten.
  • Die Planfeststellungsverfahren für alle Verkehrsplanungen müssen für die Träger öffentlicher Belange und für die betroffenen Bürger verständlich dargestellt und begründet werden.
  • Bürgerbeteiligungen sind so früh wie möglich anzusetzen. Lösungsvarianten sollten offen ausdiskutiert werden. Es sollte alles getan werden, um Mißtrauen gegenüber den Verkehrswegeplanern gar nicht erst aufkommen zu lassen.
  • Das Allgemeininteresse muß Vorrang haben vor den Interessen Einzelner. Es muß sichergestellt werden, daß bei Wahrung der Rechtsstaatlichkeit nicht durch eine unangemessene Regelungsdichte, unzumutbare Auflagen, mehrjährige Verwaltungsgerichtsverfahren in mehreren Instanzen, die Einführung eines Verbandsklagerechts, Verfassungsbeschwerden, und daran anschließend noch durch z.T. militante Aktionen (siehe Startbahn West) notwendige Verkehrsprojekte verhindert werden.

Verkehrspolitik muss zugleich Struktur - und Wirtschafts- und Umweltpolitik sein und kann nicht von Städtebau, Landschafts- und Landesplanung getrennt werden.
Die Bereiche Arbeiten, Wohnen und Erholen sind in bezug auf ihre Funktion, ihren Raumanspruch und ihre Verbindung durch Verkehr zueinander in Einklang zu bringen. Der Abwägprozess der unterschiedlichen Interessen muss bei allen Verkehrsplanungen transparent gemacht werden.
Nicht zuletzt müssen die Politiker sich wieder ihrer Verantwortung als Repräsentanten der Legislative für eine sachgerechte Verkehrspolitik bewusst werden und dazu stehen, und zwar auch dann, wenn unbequeme Interessengegensätze zu überwinden oder nicht mehr aktuelle politische Entscheidungen zu korrigieren sind.
Es ist dringend notwendig, dass das rechtsstaatliche Bewusstsein in unserem Volk wiederbelebt und eine unverklemmte Einstellung zur Technik und zu den Naturwissenschaften entwickelt wird. Nur so ist auf Dauer eine gute Verkehrspolitik als Voraussetzung einer gesunden gesamtwirtschaftlichen Entwicklung möglich.